Der Pilgerweg über den Falkenstein führt nicht nur zu fantastischen Ausblicken, sondern auch zu Einblicken in uralte Rituale und Legenden sowie einem Blick in sich selbst.
Vor dem Aufbruch zum Falkenstein wird noch mit der Pilgergefährtin ein Likörchen gekostet, mit süßem und gleichzeitig herbem Geschmack. Dies geschieht am Ausgangspunkt des Wolfgangwegs beim Europakloster Gut Aich im Ortsteil Winkl der Gemeinde St. Gilgen. Bevor es losgeht, gibt es sogar noch einen Empfang im Klostershop von Karin Planberger, die mit Hingabe die verschiedenen Produkte vorstellt - etwa Kräuter und Baumelixiere, duftende Balsame und Öle sowie hausgemachte Liköre, von denen der zartbitter nussige „Wolfgangweg Pilgerlikör“ zweifellos der berühmteste ist.
In guter Stimmung geht es nun los auf dem Weg Richtung St. Wolfgang. Vorbei am Gasthof Fürberg ist es sehr schwierig, den verführerischen Düften zu widerstehen und stattdessen den Weg bergauf Richtung Falkensteinkirche anzutreten. Eine Duftwolke, bestehend aus dem Geruch der legendären Fischsuppe, Fish ’n’ Chips und der herrlich gebratenen Wolfgangsee Reinanke, erfüllt die Umgebung. Doch es muss weiter gehen, schließlich steht ein besonderes Ziel bevor.
Am Ende der Fürberg-Bucht geht es steil in den Wald hinauf und dies geht auch so weiter, denn der Weg ist zwar steil, aber geschottert und gut ausgebaut. Und auch wenn manchmal schroffe Felswände am Wegesrand emporragen, der Wolfgangweg hat nichts Hochalpines. Und wenn man einmal oben ist, geht es nur noch eben dahin und Richtung Ried einfach bergab. Bezüglich des steilen Stückchens hinauf gilt dennoch der Leitspruch: „Pilger müssen ein klein wenig leiden, sonst wären sie ja Wanderer.“
Endlich bei der Kapelle „Steine gegen Sünden“ angelangt, liegt daneben ein großer Steinhaufen. Der Legende nach mussten die Wallfahrer als Bußübung einen Stein mitbringen und dort auf dem heiligen Berg deponieren. Natürlich stellt sich hier die Frage, welche Bedeutung das altmodische Wort „Sünde“ heute noch trägt. Wie man weiß, gibt es zwar den Katalog der sieben Todsünden … aber ist es nicht viel eher sündig, gegen sein Gewissen zu handeln? Gegen die innere Stimme, die im Lärm der Welt so oft untergeht?
Nach diesem kurzen Ausflug in die Philosophie schweift der Blick nun auf die kleine Wiese und die versprochene Hochebene, die so eben erreicht wurde. Die Falkensteinkirche, an eine Felswand schmiegend, ragt sehr präsent empor. Diese wurde 1626 erbaut und führt das Altarbild den Pilgern das Ziel ihres Weges vor Augen, die Kirche von St. Wolfgang. Interessant sind die Höhlen im Innenraum der Kirche, die einen „Schliefstein“ bilden, der bereits den Kelten als Kultstätte gedient haben dürfte: Wer hier durchkriecht, streift altes Übel ab und erlebt eine Art Wiedergeburt. Üblicherweise wird als weiteres Ritual mit folgenden Worten in den Wald gerufen: „Heiliger Wolfgang, bist da?“ und es ertönt ein Echo als Antwort.
Auch in der wenige Schritte entfernten Kapelle „wundersames Wasser“ ist der Heilige aus Regensburg präsent. In ihrem Inneren plätschert eine Quelle, die Wolfgang mit seinem Pilgerstab für einen durstigen Mönch aus dem Felsen hervorspringen ließ. Das Wasser gilt als heilsam für die Augen, und durstlöschend ist es nach vielen hundert Jahren immer noch.
Nachdem nun die Augen ausgespült und an dem heiligen Wasser geschlürft wurde, geht es mit einem Abstecher zum Gschmå Platzl und dem Scheffelblick weiter.
Fun Fact: Victor von Scheffel war nicht nur der Erfinder des Scheffelblicks, sondern auch ein aus Karlsruhe stammender Dichter, der im Jahr 1860 in St. Wolfgang weilte und bei seinen Wanderungen zu den berühmten „Bergpsalmen“ inspiriert wurde: „Sei gegrüßt mir, einsamer Abersee …“
Für die einen ist genau dieser Scheffelblick das Atemberaubende, für die anderen das Steilstück des Wanderweges, an dem es sich bei einem großartigen Blick über den türkisblaugrünen Wolfgangsee besonders gut durchatmen lässt.
Es geht nun weiter hinab, rund eine halbe Stunde über einen schattigen Schotterweg, bis im Leopoldhof in der Ried für eine kleine, aber kräftige Stärkung eingekehrt wird. Die schmackhafte Kartoffelcremesuppe erwärmt das Herz und gibt nochmals Kraft vor den letzten Metern nach St. Wolfgang. Zwischen versteckten Badeplätzen, den wunderschönen Häuschen und dem Charme der Ortschaft Ried geht es entlang des Sees nach St. Wolfgang. Noch ein paar Meter durch den schönen Ort an den Läden und Cafés vorbei und schon ist das Ziel, die Wallfahrtskirche St. Wolfgang, erreicht.
Beim Hineingehen raubt einem das weltberühmte Meisterwerk des Pacher Altar den Atem. In der Kirchenbank sitzend, lässt man die ruhige Atmosphäre auf sich wirken und geht nach einer langen Wanderung in sich. Denn wer geht, geht immer auch in sich. Es ist ein schönes, ein erhebendes Gefühl, Teil eines Weges, Teil einer Geschichte geworden zu sein.
Hier können Sie den Weg der Wallfahrer nachpilgern: Die romantische Wanderung auf einfachen Wegen mit Abstechern (Scheffelblick), die jedoch Trittsicherheit und Schwindelfreiheit erfordern. Vorsicht bei Nässe!
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