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Kaiser Franz Joseph und sein Raddampfer

Das Dampfschiff, das einst von Schaufelrädern angetrieben wurde, wurde nach „Kaiser Franz Josef I.“ benannt, obwohl dieser damals gar nicht mitfahren wollte…

© (c) Wolfgangsee Schifffahrt

Der Kaiser wurde damals am 20.Mai 1873 offiziell zur Jungfernfahrt auf dem Schaufelraddampfer eingeladen, die anlässlich seines 25-jährigen Regierungsjubiläums zu Ehren veranstaltet wurde, doch er ist nie erschienen. Auch später wurde Franz Joseph nie auf dem Schiff gesichtet, im Gegensatz zu seiner Ehefrau Sisi.

Ihn zog es eher auf die Berge und in die Wälder, wo er seiner Jagdleidenschaft nachging. Während die Monarchie in Österreich seit mehr als einem Jahrhundert Ge - schichte ist, dreht „der Kaiser“, wie die Wolfgangsee-Kapitäne das historische Schiff mit Spitznamen nennen, zwischen St. Gilgen und St. Wolfgang immer noch seine Runden. Viele Besucher: innen warten extra auf das ehemalige Dampfschiff, das immer nur zu bestimmten Zeiten fährt, um eine Art historisches Ambiente auf dem Wolfgangsee zu erleben. Obwohl das nostalgische Schiff schon einige Überholungen und Renovierungen auf sich nehmen musste, ist einiges an ihm tatsächlich mehr als eineinhalb Jahrhunderte alt. Dazu gehören der gesamte Rumpf und die Schaufelräder, die es seit den Zeiten seines Namensgebers antreiben. 

Für Geschäftsführer Mario Mischelin sind genau diese Schaufelräder die Komponente, die für den Charme und die „Anziehungskraft“ des historischen Schiffes sorgen. Mario Mischelin ist neben den anderen neun Kapitänen zum Steuern des Raddampfers berechtigt, wozu eine eigene Prüfung bzw. Qualifikation notwendig ist, da das Lenken des besonderen Schiffs eine wahre Herausforderung darstellt. Aber wenn man es einmal kann, ist das Steuern des Dampfers ein einzigartiges Erlebnis: „Die Fahrt ist völlig entschleunigt, und man bekommt am Steuerrad tatsächlich das Gefühl, sich durch eine vergangene Zeit zu bewegen“, schwärmt Mario Mischelin.

© Wolfgangsee Tourismus/Michael Grössinger

Interessant zu wissen ist, dass bis zu besagter Jungfernfahrt der Wolfgangsee überwiegend nur von den Ruderbooten der Fischer sowie den Zillen und Traunerln befahren wurde, auf denen die zahlreichen Wallfahrer übersetzten. Doch mit dem Beginn der Linien-Schifffahrt änderte sich so einiges. Der „Kaiser-Franz-Joseph-Dampfer“ drehte im Sommer 1873 viermal täglich eine Runde.

Die Plätze an Bord des Schiffes waren damals natürlich heiß begehrt. Während zu jener Zeit ca. 225 Menschen zugelassen waren, dürfen heute nur noch maximal 100 Personen mitfahren. Auch an den Landestegen ging es nach dem Motto „Sehen und gesehen werden“ gesellschaftlich hoch her. Gerne taumelten sich dort viele Zuseher: innen, um die Ein- und Aussteigenden betrachten zu können. Es war wohl eine Art „Seitenblicke“ in freier Natur. Zwar ohne Kamera, dafür aber mit umso mehr Getuschel. Denn ein nicht unwesentlicher Teil des Gesellschaftslebens der „besseren Leut“ spielte sich damals im Sog des Kaisers und seines Gefolges im Salzkammergut und damit auch rund um den Wolfgangsee ab. 

Der Kaiser Franz-Joseph Raddampfer war bei all diesem Treiben über eineinhalb Jahrhunderte stets mittendrin statt nur dabei. Und auch wenn sein Namensgeber mit 68 Jahren eine Rekord-Amtszeit hingelegt hatte, regiert das nach ihm benannte Schiff mit Bug und Heck den Wolfgangsee mittlerweile schon mehr als doppelt so lang. Bis zum Sommer 1953 wurde er noch mit einer kleinen Dampfmaschine betrieben, die erst im Jahr danach von einem 120 PS starken Dieselmotor abgelöst wurde. Das war zwar betrüblich für die Freunde von Dampfmaschinen, erleichterte den Betrieb aber immens. Denn der Heizer musste vor der Abfahrt bis dahin jedes Mal mit Kohle fünfeinhalb Stunden „vorglühen“, ehe die Dampfmaschine auf Betriebstemperatur war.

Wie es bei historischen Stücken so üblich ist, veränderte das Schiff in diesem langen Zeitraum ein paarmal den Besitzer und auch das Aussehen. Denn nicht jedem war der historische Kontext bei diversen Umbauten gleich wichtig. Aber den neuen Betreibern, die für die jüngste Sanierung 2008 zuständig waren, war die Erhaltung des „historischen Stils“ besonders wichtig. Es wurde sogar im Staatsarchiv nach alten Plänen gesucht. Aus diesem Grund sind die Freiluftplätze nun wieder mit einem originalgetreuen Sonnensegel überdacht. Genau wie damals bei der Jungfernfahrt im Jahr 1873.

Fun Fact: Knapp neunzig Jahre später wurde der Kaiser Franz-Joseph-Dampfer zum Filmstar. Als 1960 die Operette „Im weißen Rössl“ mit Waltraut Haas und Peter Alexander verfilmt wurde, durfte natürlich auch das ehrwürdige Schiff nicht fehlen.

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